
Habeck gewinnt (fast) immer. Oder: Was die Familienunternehmen bei Lanz falsch machen
Es ist so wichtig, dass Unternehmerinnen und Unternehmer in den Medien ihre Stimme erheben. Aber - wenn Du in die Medien gehst, dann beherrsche bitte die Kunst der strategischen Medienrhetorik. Denn: Ein Interview ist kein Diskurs mit dem Moderator oder den anderen GÀsten einer Talkshow. Ein Interview ist vielmehr eine Verhandlung - um die Zustimmung der öffentlichen Meinung.
Wenn man das nicht verstanden hat, dann scheitert man so schmerzlich wie Marie Christin Ostermann, die Vorsitzende des Verbandes der Familienunternehmer, bei Markus Lanz. Sie hatte mit Markus Lanz nicht nur ein rhetorisch-strategisches Moderations-Schlitzohr gegenĂŒber. Sondern mit Robert Habeck gleich auch noch einen meisterlichen GroĂ-Strategen des gesprochenen Wortes. In diesem Setting ist Marie Christin Ostermann so klĂ€glich untergegangen. âVon Habeck zerlegtâŠâ war in der Presse zu lesen. Man hatte den ganzen Abend Mitleid mit dieser doch so engagierten und erfolgreichen Unternehmerin.
Was ist passiert? Schauen wir uns das genauer an. Frau Ostermann hat viele Fehler gemacht. Drei schauen wir uns genauer an.
Erstens: der strategische Fehler. Die Unternehmerin geht mit einer inhaltlichen Position von vorgestern in die Diskussion. Sie kĂ€mpft fĂŒr das Wiedereinschalten der Atomkraftwerke. Das kann man ja durchaus fĂŒr richtig halten. Aber - selbst die Betreiber der inzwischen erkĂŒhlten Meiler sagen: das geht nicht mehr. Der Zug ist abgefahren. Es bleibt also die Frage: Warum schickt der Verband seine PrĂ€sidentin mit einer Position jenseits des Mindesthaltbarkeitsdatums ins Rennen? Warum setzen der Verband und seine junge und modern scheindende ReprĂ€sentantin sich nicht an die Spitze der Transformation? Ich bin ĂŒberzeugt, die Familienunternehmen in Deutschland können das. Sie stehen âfĂŒrâ etwas. Und nicht âgegenâ etwas. Merke: Du kannst gegenĂŒber der öffentlichen Meinung nicht das Gestern verteidigen. Dein strategisches Ziel muss erreichbar sein. Und vor allem in der Zukunft liegen.
Zweitens: der rhetorische Fehler. Frau Ostermann spricht stĂ€ndig im Konjunktiv und im Irrealis. Die ganze Zeit. Alles klingt wie âhĂ€tteâ, âkönnteâ und âwĂŒrdeâ. Selbst ihre Ideen verkauft sie als âOptionâ. Wen soll das bitte noch interessieren? Das strategische Ziel liegt in der Vergangenheit, ist also faktisch unerreichbar (siehe oben). Und dann wird noch dieses Ziel noch im Konjunktiv verargumentiert. Man hat das GefĂŒhl, Frau Ostermann glaubt selbst nicht dran. Und dann sitzt ihr ein Robert Habeck gegenĂŒber, ein Meister des gesprochenen Wortes. Der seine Position prĂ€zise im PrĂ€sens formuliert. âWir sind.â âWir haben.â âWir machen.â âWir können.â Und: âIch bin ĂŒberzeugt.â In diesem rhetorischen Setting ist völlig klar, wer in Ringen um die öffentliche Meinung punktet.
Dieses Sprachbild des Konjunktivs erlebe ich hĂ€ufig im Coaching bei meinen Klientinnen und Klienten. Es ist letztlich ein Zeichen der Unsicherheit. Einer im Inneren noch nicht final gefestigten Position. Die drĂŒckt sich auch im Sprachbild aus. Das Unterbewusstsein hat nun mal enorme KrĂ€fte. Und all das findet sich auch in der Körpersprache wieder. Bei Frau Ostermann ist dies ein stetig zur Seite gelegter Kopf. Eine brĂŒchige und flatternde Stimme. Ein stetiges LĂ€cheln, selbst wenn sie ernsthafte Inhalte zu verkĂŒnden versucht. Und dann sitzt sie da auch noch in kunterbunter Papageienkleidung mit goldenen Schuhen. Dieses Gesamtbild aus Sprache, Körpersprache und Kleidung trĂ€gt nicht zu einem souverĂ€nen Gesamteindruck bei.
Diese sich stetig steigernde Unsicherheit von Frau Ostermann hĂ€ngt sicher auch mit der an diesem Abend unglaublich gefestigten SouverĂ€nitĂ€t eines Robert Habeck zusammen,Seine FĂ€higkeiten als Wirtschaftsminister werden ja immer wieder bezweifelt. Eine FĂ€higkeit kann man ihm aber nicht absprechen: den Umgang mit dem gesprochenen Wort. Der Mann ist Schriftsteller. Er kann seine Leser fesseln. Und auch die Zuschauer bei Lanz. Weil er um die Kraft der Worte weiĂ.
Und dann kommen wir zum dritten entscheidenden Fehler von Frau Ostermann. Der dialektische Fehler. Was machen viele Menschen in einer Talkshow? Sie versuchen, ihr GegenĂŒber zu ĂŒberzeugen. Also hier: Robert Habeck. Marie Christin Ostermann geht ihn so persönlich an, als wolle sie erreichen, dass Robert Habeck am Ende aus dieser Talkshow geht und auf Knien Abbitte leistet: âOh, verehrte Frau Ostermann, Jetzt sind sie mich so hart angegangen. Und Sie haben recht. Ich werde meine politischen Positionen noch heute Nacht revidieren Und alle Atomkraftwerke wieder einschalten.â
Niemals! Frau Ostermann hat fĂŒr ihre Aggression den falschen Adressaten gewĂ€hlt. Man wird in keiner Talkshow sein GegenĂŒber Niederringen und zur Aufgabe aller Positionen bewegen können. Es geht in einer Talkshow einzig und allein darum, das Publikum zu ĂŒberzeugen.
All das macht Robert Habeck perfekt. Er stellt sich rhetorisch auf die Seite des Publikums. Er erklĂ€rt den Menschen, warum seine Politik die einzig richtige ist. Und die Argumente von Frau Ostermann dagegen aus seiner Sicht völlig abwegig. Das macht er klar, ruhig, prĂ€zise. In kurzen SĂ€tzen. In verstĂ€ndlichen Worten. Ohne Aufregung. Dezent gekleidet. Den Kopf gerade. Im PrĂ€sens formuliert. Also: absolut ĂŒberzeugend.
Und ihm gegenĂŒber die Familienunternehmerin, die sich in ĂŒberkommen inhaltlichen Positionen, in unverstĂ€ndlicher rhetorischer RealitĂ€tsflicht in den Konjunktiv und in einem argumentativen Kampf mit dem falschen Gegner Robert verliert. Und ihm gegenĂŒber eine engagierte Familienunternehmerin, die auf ihrer Scholle immer weiter weg treibt vom Publikum, das seine Punkte schon lange verteilt hat. Sieger in diesem Duell: Robert Habeck.